Im "Wartesaal": Drancy
Nach dem Einmarsch deutscher Truppen in Paris wurde der Rohbau einer Wohnsiedlung – der Cité de la Muette in Drancy – vorübergehend zur Inhaftierung von Kriegsgefangenen genutzt. Infolge einer Razzia im August 1941 in Paris wurden auch Jüdinnen und Juden dort interniert.
Mit den ersten Deportationen nach Osteuropa im März 1942 entwickelte sich das Lager unter Leitung der französischen Verwaltung schließlich zum Durchgangslager der „Endlösung“ in Frankreich. Festgenommene aus beiden Zonen wurden zunächst nach Drancy gebracht und von dort innerhalb weniger Tage deportiert. Zwei Drittel der internierten Jüdinnen und Juden besaßen keine französische Staatsangehörigkeit.
Im Juni 1943 wurde das Lager den Deutschen unterstellt. Alois Brunner, enger Mitarbeiter von Adolf Eichmann, wurde nach Frankreich geschickt und machte Drancy zum Zentrum seiner dortigen Aktivitäten. Der Lagerbetrieb wurde nach dem Vorbild der Konzentrations lager umgestaltet.
Von den 75.000 zwischen März 1942 und August 1944 aus Frankreich deportierten Jüdinnen und Juden waren etwa 63.000 zuvor im Lager Drancy.
Jüdische Internierte im zentralen Innenhof des Lagers im Herbst 1941. An den Fenstern warten andere darauf, sich draußen bewegen zu dürfen. Ab Sommer 1942 wurde dieser Platz auch genutzt, um Ankommende und zur Deportation bestimmte Internierte zu versammeln.
Das Lagergebäude, ursprünglich als soziales Wohnbauprojekt geplant, war ein Rohbau. Man sieht auf dem Foto, dass es keinen richtigen Bodenbelag gab. Für diese Propagandaaufnahme aus dem Jahr 1942 mussten sich die Internierten zufrieden in ihren provisorischen Unterkünften zeigen.
Infolge der Razzia des Vél’ d’hiv’ vom 16. und 17. Juli 1942 kamen auch Frauen und Kinder nach Drancy, darunter die Künstlerin Jane Levy. Sie zeichnete Szenen aus dem Alltag der internierten Frauen, dies ist
ein Selbstporträt. Am 31. Juli 1943 wurde sie nach Auschwitz-Birkenau deportiert und ermordet.
“Die Busse fahren ins Lager. [...] Die Neuankömmlinge steigen aus. Es sind Ausländer: Deutsche, Österreicher, Tschechen, Polen, die aus den Lagern von Gurs und Poitiers kommen. [...] Man merkt, dass man es mit Menschen zu tun hat, die an Internierung gewöhnt sind. Ihr Gepäck ist robust, ihre Rucksäcke sind eng an den Körper gezurrt. Ihre Kleider sind verwaschen, klamm, ausgebleicht in allen Tönen furchiger Erde. [...] Wie viele Lager haben sie gesehen, bevor sie hier gelandet sind? [...] Sie können gehorchen, können sich aufstellen. [...] Die aus Gurs müssen es schwer gehabt haben!”
In seinem Tagebuch beschrieb der internierte Zeichner Georges Horan-Korainsky die Ankunft eines Transportes aus Gurs am 7. August 1942. Ein Großteil der Ankommenden wurde kurz darauf mit dem 17. Transport aus Drancy nach Auschwitz-Birkenau deportiert.