Die "Unerwünschten"

Das Ziel des am 10. Juli 1940 gegründeten neuen französischen Staates war eine „Nationale Revolution“.

Entsprechend definierte das Vichy-Regime verschiedene Gruppen als Gegner. Innerhalb weniger Wochen wurde eine Politik eingeleitet, die diese Gruppen – allen voran die französischen und ausländischen Jüdinnen und Juden – aus der Gesellschaft ausgrenzen sollte. Grundlage der antisemitischen Politik bildeten im Oktober 1940 erlassene Gesetze: Jüdinnen und Juden sollten vom öffentlichen Dienst ausgeschlossen werden („Judenstatut“), zudem wurde denjenigen unter ihnen, die aus der französischen Kolonie Algerien stammten, die Staatsbürgerschaft entzogen. Die Gesetzgebung regelte außerdem die Internierung ausländischer Jüdinnen und Juden. Es gab Planungen, diese auf die Insel Madagaskar zu bringen, die zum französischen Kolonialreich gehörte.

Ende 1940 wurden Tausende französische Jüdinnen und Juden aus dem Staatsdienst entlassen und Zehntausende ausländische Jüdinnen und Juden in Lagern interniert.

© André Leconte, 1943, Gallica/Bibliothèque nationale de France
Durchgangs- und Internierungsorte der Jüdinnen und Juden aus Südwestdeutschland, erstellt auf Grundlage der Frankreichkarte « Délimitation de la zone occupée »

Frankreich wurde in zwei Zonen aufgeteilt. Der Norden und die gesamte Küste wurden von Deutschland besetzt. Der südliche Teil des Landes und die Mittelmeerküste bildeten ab Juli 1940 die „freie Zone“. Fast alle Lager befanden sich dort.

© Manchester Guardian
Bericht eines ehemaligen Pariser Korrespondenten, 11.3.1941

Wegen des Krieges konnte der Manchester Guardian keinen Korrespondenten ins besetzte Frankreich entsenden. Der Journalist Alexander Werth, der diesen Artikel verfasste, musste sich daher im Wesentlichen auf den Brief eines deutschen Gurs-Insassen aus dem Dezember 1940 stützen, der von den katastrophalen Bedingungen dort berichtete: Hunger, Kälte, Matsch, Krankheiten. Die „nicht wenigen Selbstmörder“ hätten es richtig gemacht, heißt es in dem Brief resigniert.

Vermutlich hatte Werth den Bericht über das von Alfred Wiener geleitete Central Jewish Information Office in London erhalten, das seit 1933 das Schicksal der Jüdinnen und Juden in Deutschland dokumentierte.

© Le Matin, Bibliothèque nationale de France BnF
„Das Judenstatut wird verkündet“, 19.10.1940

Le Matin berichtete ausführlich über das antijüdische Gesetz und gab den Text auf der Titelseite wieder. Die auflagenstarke Zeitung war der Vichy-Regierung sehr verbunden und wurde deshalb nach der Befreiung von Paris 1944 verboten.