Nachnutzung und Erinnerungsinitiativen
Nach der Befreiung wurden viele Lager zunächst weiter genutzt. Nun wurden dort deutsche Kriegsgefangene und Französinnen und Franzosen, die der Kollaboration verdächtigt wurden, gefangen gehalten.
Das galt auch für Gurs, das Ende August 1944 von der französischen Republik übernommen wurde. Manche der Lager wurden später als „centres de rétention“ – Abschiebegefängnisse – genutzt, andere verfielen.
In Frankreich stand der Widerstand (Résistance) gegen die deutsche Besatzung im Zentrum der Aufmerksamkeit und dominierte für lange Zeit die Erinnerung an die NS-Verbrechen. Das Bild wandelte sich erst Mitte der 1990er Jahre, als der damalige Präsident Jacques Chirac die Verantwortung des französischen Staates für die Deportationen der Jüdinnen und Juden aus Frankreich anerkannte. 1994 wurde das ehemalige Lager Gurs zu einem von drei nationalen Gedenkorten erklärt. Sie sollen an die Opfer von rassistischer und antisemitischer Verfolgung und an Verbrechen gegen die Menschheit unter Mitverantwortung des Vichy-Regimes erinnern. Vor allem auf Initiative von Überlebendenverbänden und Fördervereinen sind seither Gedenkstätten auch an vielen weiteren Orten entstanden.
Viele der südwestdeutschen Jüdinnen und Juden wurden von Gurs aus in andere französische Lager verlegt und starben dort. Heute finden sich Gräber von Deportierten in mehr als 30 französischen Städten und Gemeinden, zum Beispiel in Noé. In Absprache mit den französischen Kommunen und den jüdischen Gemeinden werden die Friedhöfe durch die Bundesländer Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Saarland gepflegt und instandgesetzt.
Anlässlich des 40. Jahrestages der Lagergründung versammelten sich Ende April 1979 zahlreiche Überlebende in Gurs. Gemeinsam gründeten sie den Verein Amicale du Camp de Gurs, nachdem sich zuvor bereits ehemalige spanische Häftlinge für die Erinnerung an das Lager engagiert hatten.
Seit mehreren Jahrzehnten finden deutsch-französische Jugendbegegnungen und Sommercamps auf den ehemaligen Lagergeländen bzw. in den heutigen Gedenkstätten statt. In Neckarzimmern wurde unter künstlerischer Leitung von Karl Vollmer ein mehrjähriges Jugendprojekt zur Erinnerung an die Deportation der südwestdeutschen Jüdinnen und Juden initiiert. Es umfasst Gedenksteine für mehr als 100 Ortschaften in Südwestdeutschland, die in Form eines Davidsterns angeordnet sind.
Anfang der 1990er Jahre begann der Künstler Gunter Demnig, vor dem letzten Wohnort von Opfern der Verfolgung in Deutschland sogenannte Stolpersteine zu verlegen. Von Bürgerinitiativen begleitet, bilden Tausende Steine aus Messing heute das weltweit größte dezentrale Mahnmal zur Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus. In Frankreich bestanden lange Bedenken gegen diese Form des Gedenkens. 2019 verlegte Straßburg als erste Großstadt Stolpersteine. An zahlreichen Orten in Deutschland erinnern sie auch an die in Gurs internierten Jüdinnen und Juden.
Mit Transit verarbeitete die jüdische Schriftstellerin Anna Seghers die letzte Etappe ihrer Flucht vor den Nationalsozialisten. Rund 70 Jahre nach dem Erscheinen der deutschen Ausgabe 1948 feierte Christian Petzolds Film Transit Premiere. Petzold gelang es, Themen des Romans in die Gegenwart zu überführen. Der Filmausschnitt zeigt den Schauspieler Franz Rogowski in den Straßen von Marseille