„…am Stern als Juden deutlich erkennbar“ – diese Aussage bezieht sich auf den sogenannten „Judenstern“ oder „Gelben Stern“, den die Menschen, die nach den nationalsozialistischen Rassegesetzen als jüdisch galten, ab dem 19. September 1941 tragen mussten. Der Stern bestand aus einem etwa handtellergroßen Stück gelbem Stoff mit der schwarzen Aufschrift „Jude”. Laut der „Polizeiverordnung über die Kennzeichnung der Juden“ vom 1. September 1941 sollte der Stern „fest angenäht“ und „sichtbar auf der linken Brustseite“ angebracht werden. Wurde der „Judenstern” nicht ordnungsgemäß getragen oder verdeckt, drohte die Verhaftung.
 

Es ist also nachvollziehbar, wieso gerade dieses markante Kennzeichen vielen Zeitzeug*innen im Alltag auffiel und auch langfristig im Gedächtnis blieb. Die Menschen in den Polizeiautos, die der Zeitzeuge in diesem Beispiel beschreibt, trugen zum Zeitpunkt der Oktoberdeportation 1940 aber wohl noch keine „Gelben Sterne” auf ihrer Kleidung, da das Gesetz erst rund ein Jahr später erlassen wurde. Vermutlich haben sich die Erinnerungen des Zeitzeugen also nachträglich überlagert.
 

Dieses Beispiel zeigt, dass die Berichte von Zeitzeug*innen nicht immer automatisch als Beleg für die historische Wirklichkeit gelten können, sondern die subjektive Wahrnehmung widerspiegeln. So bieten Zeitzeug*innenberichte einen authentischen und besonders wertvollen Einblick in die Erfahrungen der Menschen, die die Zeit des Nationalsozialismus selbst erlebt haben. Diesen subjektiven Blick gilt es von Seiten der Geschichtswissenschaft jedoch auch immer wieder einzuordnen.
 

Vgl. zum Beispiel Bundeszentrale für politische Bildung, Der „Judenstern”, online abzurufen unter: https://www.bpb.de/geschichte/zeitgeschichte/342565/der-judenstern (letzter Abruf: 07.01.2022).

Lebendiges Museum online, Der „Gelbe Stern”, online abzurufen unter: https://www.dhm.de/lemo/kapitel/der-zweite-weltkrieg/voelkermord/gelber-stern.html (letzter Abruf: 07.01.22).

Obertreis, Julia (Hg): Oral History, Stuttgart 2012.

Henke-Bockschatz, Gerhard: Oral History im Geschichtsunterricht, Schwalbach am Taunus 2014.