Prof. Dr. Robert Liefmann

Porträt von Robert Liefmann, wohl vor 1924 aufgenommen
© Stadtarchiv Freiburg K1/138 Nr.4
Porträt von Robert Liefmann, wohl vor 1924 aufgenommen
Fotografie der Goethestraße um 1930:<br />
In diesem Haus in der Goethestraße 33 lebten die Geschwister Liefmann bis zu ihrer Deportation im Oktober 1940.<br />
© Stadtarchiv Freiburg M 70 S 202-27, Nr. 504
Fotografie der Goethestraße um 1930:
In diesem Haus in der Goethestraße 33 lebten die Geschwister Liefmann bis zu ihrer Deportation im Oktober 1940.

Robert Liefmann (*1874) lebte mit seinen beiden Schwestern Martha (*1876) und Dr. Else Liefmann (*1881) in der Goethestraße 33 im Stadtteil Wiehre und war ab 1904 als Professor für Nationalökonomie an der Universität Freiburg tätig. Obwohl er protestantisch getauft worden war, wurde er 1933 als sogenannter „Volljude“ nach dem „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ aus dem Universitätsdienst entlassen und erhielt, wie auch seine Schwester, Else Liefmann, Berufs- und Publikationsverbot.

Am 22./23. Oktober 1940 wurde er mit seinen beiden Schwestern verhaftet und ins Lager Gurs deportiert.

Das folgende Gedicht verfasste Martha Liefmann nach ihrer Ausreise in die Schweiz rückblickend über ihre Zeit im Internierungslager Gurs

“In Leid und Not
(Winter 1940/41 im Camp de Gurs)

Ich hab’ ein weiches Bett besessen,
Das schien so selbstverständlich wie das Essen,
Ich habe nie darüber nachgedacht
In meinem warmen, weichen Bett zur Nacht.


Dann hat man uns von Haus und Land vertrieben,
Es ist uns nichts, auch nicht ein Bett geblieben,
Im kahlen Lager mussten wir uns strecken,
Ohn‘ Kissen, nur auf Stroh und ohne Decken.
Es war ein Anblick, ach, zum Gotterbarmen,
Wir waren ärmer als die ärmsten Armen. […]”

Gedicht von Martha Liefmann, 1943, Martha und Else Liefmann: Helle Lichter auf dunklem Grund. Erinnerungen von Martha und Else Liefmann, Bern 1966, S. 45
© Freiburger Zeitung, 25. Februar 1941
Anzeige zur Versteigerung des Eigentums in der Goethestraße 33

Ein großer Teil der persönlichen Wertgegenstände der Geschwister Liefmann wurde nach ihrer Deportation beschlagnahmt oder versteigert. Diese Anzeige in der Freiburger Zeitung kündigt beispielsweise die Versteigerung der Einrichtungsgegenstände ihres Esszimmers durch einen Gerichtsvollzieher ab Mittwoch, den 26. Februar 1941, an.

Infolge der unmenschlichen Lebensbedingungen im Lager erkrankte Robert Liefmann im Winter 1941 schwer. Er erhielt zwar noch einen zweiwöchigen „Erholungsurlaub“, starb jedoch bereits am 20. März 1941 in Morlaàs in der Nähe von Gurs im Alter von 67 Jahren an einer Blutvergiftung. Ein Telegramm mit einem Ruf an die Universität New York und seiner Einreisegenehmigung in die USA erreichte Robert Liefmanns Schwestern erst kurz nach seinem Tod.

© Landesarchiv Baden-Württemberg, Staatsarchiv Freiburg F 196/1, 2178, Nr. 53
„Bulletin de Sortie“ - Genehmigung vom 13. März 1941, mit der Robert Liefmann sich bis zum 2. April 1941 außerhalb des Internierungslagers aufhalten durfte

Durch das Engagement von Verwandten in der Schweiz erhielt Robert Liefmann am 13. März 1941 die Genehmigung, das Lager Gurs gemeinsam mit seinen Schwestern für etwa zwei Wochen zu verlassen. Solche „Erholungsurlaube“ („congé de longe durée“) wurden in seltenen Fällen genehmigt, wenn Menschen infolge der furchtbaren Bedingungen im Lager ernsthaft erkrankten. Robert und Martha Liefmann wurden aus diesem Grund für zwei Wochen „beurlaubt“ und durften ihre Schwester Else zur Unterstützung mitnehmen. Als zulässiger Aufenthaltsort wurde den Geschwistern die Gemeinde Morlaàs, etwa 50 km östlich von Gurs, zugewiesen. Dort verstarb Robert Liefmann eine Woche nach seiner Ankunft im Alter von 67 Jahren.

© Landesarchiv Baden-Württemberg, Staatsarchiv Freiburg F 196/1, 2177/3, Nr. 29
„Bulletin de Deces“ – Beglaubigte Abschrift der Sterbeurkunde für Robert Liefmann vom 27. März 1941 aus Morlaàs

Die am 27. März 1941 vom Rathaus Morlaàs ausgestellte Todesbescheinigung für Robert Liefmann datiert seinen Tod offiziell auf den 20. März 1941.

Martha und Else Liefmann überlebten die Deportation mit der Unterstützung einflussreicher Verwandter in der Schweiz, wohin Martha 1941 legal ausreisen konnte. Else Liefmann überlebte zunächst in verschiedenen Verstecken, u.a. in Dieulefit, bevor ihr im September 1942 mithilfe der protestantischen Frauen-Organisation CIMADE sowie der ökumenischen Hilfsorganisation „Amité Chrétienne“ die Flucht in die Schweiz gelang.

© Stadtarchiv Freiburg K1/138 Nr.4
Foto der beiden Schwestern in Badenweiler um 1950

Das Haus in der Goethestraße 33 wurde ab 1941 zunächst von der Gestapo genutzt und diente ab 1945 als Sitz der französischen Militärpolizei. Heute ist das „Liefmannhaus“ im Besitz der Universität Freiburg, die dort ein Gästehaus eingerichtet hat.

„STOLPERSTEINE“ für Else, Martha und Robert Liefmann
© Foto von Caroline Klemm, 2021
„STOLPERSTEINE“ für Else, Martha und Robert Liefmann
„STOLPERSTEIN“ für Robert Liefmann
© Foto von Caroline Klemm, 2021
„STOLPERSTEIN“ für Robert Liefmann