Else Forst

© Archiv STOLPERSTEINE in FREIBURG, Marlis Meckel
Dieses Foto zeigt Else Forst beim Kochen. Das Bild wurde vermutlich nach ihrer Deportation im Lager Gurs aufgenommen.

(Babette) Else Forst (auch „Ilse“ genannt) wurde 1922 in Boppard im heutigen Rheinland-Pfalz geboren. Nach der Scheidung ihrer Eltern lebte sie mit ihrer Mutter Bella Forst, geborene Judas (*1889), und ihrem älteren Bruder Erich (Josef) Forst (*1920) in der Reichsgrafenstraße 24 im Stadtteil Wiehre.

Die Geschwister waren beide christlich getauft, galten jedoch nach den nationalsozialistischen Rassegesetzen wie ihre Mutter noch immer als „Volljuden“. Daher entschied sich Erich Forst bereits 1937 oder 1938 zur Flucht nach Frankreich, um der weiteren Unterdrückung und Verfolgung durch die Nationalsozialisten zu entgehen. Der Vater, Jakob Forst, wurde im Februar 1940 im Konzentrationslager Sachsenhausen ermordet.

 

Else und ihre Mutter Bella Forst wurden am 22. Oktober 1940 gemeinsam mit anderen Familienmitgliedern verhaftet und von Freiburg ins Lager Gurs deportiert. Später kamen sie in das Lager Rivesaltes, etwa 350 km östlich von Gurs.

1942 gelang es ihrem Bruder Erich schließlich, in einer Nacht mindestens neun Mitglieder seiner Familie, darunter Else und seine Mutter Bella, mithilfe eines Lastwagens aus dem Lager zu befreien. Danach lebte Else Forst gemeinsam mit ihren Verwandten versteckt auf einem französischen Bauernhof, in der Hoffnung, das Leben im Lager für immer hinter sich gelassen zu haben.

Die Befreiung seiner Familie aus dem Lager Rivesaltes durch Erich Forst 1942 erlebte Kurt Josef Judas, der Cousin von Erich und Else, im Alter von zehn Jahren.

Seine Erinnerungen an diese Zeit schilderte er 2005 wie folgt:

“Einige Monate später sind wir deportiert worden in ein anderes Camp. […] Meine Eltern und ich, ein Onkel, Tante und Cousins, eine andere Tante und ihre Familie retteten sich durch den Stacheldrahtzaun bei Nacht. Es war uns möglich – irgendwie – zu leben auf einer Farm, für einige, mehrere Monate. Wir hatten Visionen eines sicheren Himmels, aber nicht solch ein Glück. Wir sind dann gefasst worden und in das Camp Rivesaltes zurückgebracht worden. […]”

Kurt Josef Judas, Marlis Meckel: Den Opfern ihre Namen zurückgeben: Stolpersteine in Freiburg, Freiburg/Berlin 2006, S. 115f.

Mitarbeitende des jüdischen Kinderhilswerkes OSE organisierten für Kurt Judas neue Papiere auf den Namen „Charles Julian“ und eine Unterkunft bei Marie Debise in Neyron in der Nähe von Lyon. Kurt Judas sorgte dafür, dass seine Retterin in Yad Vashem als „Gerechte unter den Völkern“ geehrt wird.

© Landesarchiv Baden-Württemberg, Staatsarchiv Freiburg G 540/5 712 Nr. 37
Brief von Johanna Ramsfelder, geb. Judas (Schwester von Bella Forst), an das Amtsgericht Freiburg vom 23. Januar 1950

In einem Brief an das Amtsgericht Freiburg vom 23. Januar 1950 erklärte Bella Forsts Schwester, Johanna Ramsfelder, zwischen November 1940 und Oktober 1942 mehrere Briefe ihrer Schwester aus Frankreich erhalten zu haben. Laut einem Brief vom 16. März 1942 habe sich Bella Forst gemeinsam mit ihren Kindern Erich und Else sowie weiteren Familienmitgliedern auf einer Farm in der Gemeinde Caussade im Département Tarn-et-Garonne in Südfrankreich versteckt gehalten. Laut der letzten Nachricht von Bella Forst von Oktober 1942 sei die gesamte Familie dann in Richtung Osten deportiert worden.

Nach rund sieben Monaten wurde die Familie jedoch erneut verhaftet und zurück ins Lager Rivesaltes gebracht. Es ist anzunehmen, dass Else Forst im Verlauf des Jahres 1942 gemeinsam mit ihrer Mutter und ihrem Bruder über das Lager Drancy ins KZ Auschwitz-Birkenau deportiert und dort ermordet wurde. Als Tag ihres Todes wurde der 31. Dezember 1942 festgesetzt. Ihre Mutter Bella war bei ihrer Ermordung 53, ihr Bruder Erich 22 Jahre alt. Else Forst wurde nur 20 Jahre alt.

© Landesarchiv Baden-Württemberg, Staatsarchiv Freiburg G 540/5 712 Nr. 3
Schreiben des Amtsgerichts Freiburg an Nathan Rosenberger vom 26. August 1949 mit Bitte um Stellungnahme zum Verbleib der Familie Forst, und Antwort Nathan Rosenberges vom 9. September 1949

Im Zuge des Restitutionsverfahrens für Bella Forst und ihre Kinder erklärte auch der Vorsitzende der Israelitischen Gemeinde Freiburg, Nathan Rosenberger, im September 1949 gegenüber dem Amtsgericht Freiburg, dass die Familie vermutlich Opfer der Ermordung durch die Nationalsozialisten wurde. 

© Landesarchiv Baden-Württemberg, Staatsarchiv Freiburg G 540/5 712 Nr. 101
Anzeige mit Todeserklärung für Bella, J. Erich und Babette Else Forst in den Amtlichen Bekanntmachungen der Zeitung „Das Volk“ vom 16. Januar 1951

Am 16. Januar 1951 wurden Bella, Erich und Else Forst in den Amtlichen Bekanntmachungen der Zeitung „Das Volk“ für tot erklärt. Da die Familie offiziell als verschollen galt, wurde durch das Amtsgericht Freiburg als Todeszeitpunkt nachträglich der 31. Dezember 1942 festgelegt.

© Foto von Caroline Klemm, 2021
Im Juli 1003 erfolgte in der Reichsgrafenstraße 24 durch die Initiative „STOLPERSTEINE in FREIBURG“ die Verlegung von drei Gedenksteinen für Familie Forst.